Die meisten aber mussten im völlig überfüllten Foyer der
Vertretung ohnehin stehen, was aber niemanden störte. Unter der
Regie des Osnabrücker Pianisten und Ehrenbürgers von New
Orleans, Thomas Gerdiken, präsentierten sich Musiker der
Extraklasse, die in dieser Besetzung überhaupt zum ersten Mal
zusammen auftraten. Erst am Tag zuvor hatten die US-Musiker ihre
europäischen und afrikanischen Mitspieler bei den Proben für
den Auftritt bei „Jazz in den Ministergärten“
kennengelernt.
|
|
|
Nichts davon war am Konzertabend zu spüren. Die Akteure spielten
auf höchstem Niveau kongenial zusammen, als wären sie schon
jahrelang auf gemeinsamer Tournee. Herausragend Delfeayo Marsalis, ein
Ausnahmekünstler an der Posaune. Ebenso beeindruckend der erst 18
Jahre alte Trompeter Doyle „Red“ Cooper, der in diesem Jahr
den Louis-Armstrong-Wettbewerb in New Orleans gewonnen hatte. Umwerfend
die Stimme der Sängerin Robin Ligon Williams und auch von Big
Chief Smiley Ricks, dessen ohnehin beeindruckende Statur durch die
opulente Kostümierung als Mardi Gras Indian noch verstärkt
wurde. Die Mitwirkenden auf der Bühne ließen die Zuschauer
in die Seele des Jazz blicken – und nicht zuletzt die
mitreißenden Tänzerinnen und Tänzer mit ihren Trommeln
machten das afrikanische Erbe des Jazz deutlich.
|
Mit diesem Konzert wollten die beiden Landesvertretungen von
Niedersachsen und Schleswig-Holstein zum zehnjährigen Bestehen des
Festivals Jazz in den Ministergärten etwas ganz Besonderes bieten,
was ihnen gelungen ist.
|
|
|
OTon Thomas Gerdiken: Inspiriert wurde ich zu diesem Programm durch
meine letzten Besuche in New Orleans, wo die afrikanischen Wurzeln des
Jazz allgegenwärtig sind und sowohl in der Mardi Gras Indian
Kultur als auch im Funk, Soul und Blues im wahrsten Sinne auf der
Straße liegen. Eine besondere Rolle kommt dabei dem Congo Square
in New Orleans zu. Mittlerweile ist der Congo Square in New Orleans
Bestandteil des Louis Armstrong Parks. Hier war in der Historie der
einzige Platz auf dem die schwarzen Sklaven ihre afrikanische Kultur
ausüben durften. Jeweils Sonntags war es ihnen gestattet den
sogenannten Bamboola einen Tanz westafrikanischen Ursprungs
aufzuführen. So fing in mir nach und nach die Idee an zu reifen,
dieses reiche Erbe in seiner ganzen Musikalität und Farbenpracht
in Deutschland auf die Bühne zu bringen. Da ich parallel für
2011 den Zuschlag erhalten hatte, anlässlich des 10jährigen
Jubiläums des Festivals JAZZ IN DEN MINISTERGÄRTEN das
Programm auf der Hauptbühne in der Landesvertretung
Niedersachsen/Schleswig-Holstein in Berlin zu organisieren, war der
Moment gekommen dieses Mammut Projekt in die Tat umzusetzen.
|
Flugs war auch mein Freund und Partner Ehme de Riese in Wolfsburg
für das Projekt gewonnen und wir konnten Dr. Guthardt den Direktor
des PHAENO Museums überzeugen, ein Anschlußkonzert im PHAENO
in Wolfsburg zu organisieren. Dieses Projekt war das intensivste und
erfolgreichste meiner bisherigen musikalischen Laufbahn. Die
Vorarbeiten erstreckten sich über ein ganzes Jahr. Ich war
Tourneeleiter, musikalischer Leiter, Komponist und Arrangeur, Pianist
und Sänger in einer Person. Musikalische Konzepte mußten
erstellt werden, Arrangements geschrieben werden und eine Unzahl
organisatorischer Probleme bewältigt werden, z.B. stellte sich 4
Wochen vor den Konzerten überraschend heraus, dass einer der
Musiker aus New Orleans Kubaner ist und ein Visum für Deutschland
braucht. Normaler Weise nimmt ein solcher Prozess mehrere Monate in
Anspruch. Nach intensiven Bemühungen ist es meinem Partner
Rüdiger Jacobs von der Landesvertretung Niedersachsen und mir
schließlich gelungen, das Visum rechtzeitig zu veranlassen. An
dieser Stelle an Herrn Rüdiger Jacobs von der Landesvertretung
Niedersachsen beim Bund in Berlin ein herzliches: „Thanks for
your spirit and support“.
|
|
|
Fast dreißig Künstler wurden von mir überzeugt
mitzumachen. Auf zwei Reisen im Jahre 2011 nach New Orleans stellte ich
den Kontakt zu den Musikern direkt her. Sechs habe ich dann
schließlich aus New Orleans eingeflogen: den NEA JAZZ MASTER
AWARDS Gewinner und Posaunist Delfeayo Marsalis, den Mardi Gras Indian
Big Chief Smiley Ricks Drummer und Sänger, die Sängerin Robin
Ligon Williams, den Perkussionisten der WILD MAGNOLIAS Alexey Sorti,
den hohen Priester der Yoruba Baba Rashan Perkussionist , die
afrikanische Tänzerin Coco Williams und last but not least als
besonderes musikalisches Highlight den Gewinner des Wettbewerbes
SEEKING SATCH 2011 den achtzehnjährigen Trompeter Doyle Red
Cooper. Doyle Er hatte im Mai 2011 den Wettbewerb SEEKING SATCH in New
Orleans gewonnen, bei dem ich neben zwei Marsalis Brüdern als
Juror mitgewirkt habe. Aus Deutschland waren der in Wolfsburg lebende
afrikanische Musiker Comlan Edoh aus Togo mit seiner Gruppe dabei und
viele Musiker aus dem Dunstkreis von Roger Cicero, Stefan Gwildis und
Jan Delay.
|
Ganz besonders erwähnen möchte ich den Posaunisten Jon Welch
gebürtig aus New Jersey/New York, der einige fabelhafte
Arrangements beigesteuert hat. Alles in allem eine ungeheuer
vielseitige Truppe, die es für die Produktion zusammenzuschmieden
galt. Eine Aufgabe die wahrlich eine Herausforderung war. Ewig im
Gedächtnis wird mir bleiben, wie ich am Tage der Generalprobe 5
Stunden auf dem Hauptzollamt in Berlin Schöneberg mit Engelszungen
versucht habe, die Zöllner zu überzeugen, das Mardi Gras
Indian Federoutfit von Big Chief Smiley Ricks herauszugeben. Wir hatten
das Kostüm vorab mit Fedexx als Schiffsfracht geschickt, da es zu
groß war um es als Gepäck im Flugzeug mitzunehmen. Die
Zöllner waren der Auffassung hier würden exotische
Adlerfedern geschmuggelt und wollten das Paket nicht herausgeben. Erst
als ich das Oufit in ihrer Gegenwart aufgesetzt habe, wurde mir Glauben
geschenkt. Plötzlich war ich von fast 10 begeisterten
Zöllnern umringt und gegen hinterlegen einer hohen Kaution, durfte
ich das Outfit schließlich direkt mitnehmen. Als Big Chief Smiley
Ricks am ersten Konzertabend unter donnerndem Applaus mit dem Oufit auf
die Bühne kam, wußte ich: der Aufwand hat sich gelohnt.
Besonders interessant für mich war, würde mein
inhaltlich-musikalisches Konzept aufgehen? Ich hatte im Vorfeld sehr
unterschiedliche Aspekte vorgeplant. Das Programm begann mit einer
spirituellen Einstimmung durch Baba Rashan, der in seiner Eigenschaft
als hoher Priester der Yoruba die afrikanischen Urahnen anrief, unser
Konzert positiv zu begleiten.
|
|
|
Das Publikum war von diesem Moment an wie gebannt. Es folgte eine
texliche Einführung zur Geschichte der afroamerikanische Kultur in
New Orleans seit Gründung der Stadt im Jahre 1718 mit
musikalisch-tänzerischen Einlagen. Weiter ging es mit Comlan Edoh
unterstützt durch alle Musiker aus New Orleans mit einer
afrikanischen Beitrag. Danach lupenrein konzertanter Marsalis Jazz:
Delfeayo Marsalis hatte sein Arrangement von Duke Ellingtons Klassiker
Half the Fun beigesteuert. Ein stark afrikanisch angehauchtes
Stück, welches ich aus seinem Programm ausgewählt hatte, aber
gleichzeitig auch tonal sehr modal und modern. Das war vor allem
für mich als Pianist eine Herausforderung. Das Publikum lauschte
konzentriert. Danach ich Solo mit Big Chief Smiley Ricks am Schlagzeug
und Alexi Sorti an den Bongos mit James Bookers: Classified. Real New
Orleans Groove at its best. Weiter ging es mit „Strutten With
some Barbeque“. Das einzige Stück welches Louis Armstrong
mit seiner Frau selbst komponiert hat. Mit dem Stück haben wir den
neuen Louis Armstrong aus New Orleans Doyle Red Cooper gefitchert.
Louis at its best; brilliante Soli und great Louis Armstrong Spirit.
Der junge Mann war übrigens darüberhinaus Leadtrompeter
während unserer gesamten Produktion. Für seine achtzehn Jahre
hat er dabei einen fabelhaften Job abgeliefert. Er wurde von meinem
Freund Jon Welch für diese Aufgabe speziell gecoacht. Dann kam die
Sängerin Robin Ligon Williams mit ihrer Version von Etta James
Klassiker: „Take me to the limit“ auf die Bühne. Das
grandiose Arrangement stammte aus der Feder meines Freundes Jon Welch.
Und zum Abschluß des 1.Sets die erste große Stunde von Big
Chief Smiley Ricks mit seiner Version des Professor Longhair Krachers
Mardi Gras in New Orleans. Wir haben uns dabei gesanglich abgewechselt.
Es entwickelte sich ein musikalisches Pingpong zwischen Musikern und
Publikum allererster Güte. Schon nach diesem Set wollte uns das
Publikum nicht von der Bühne lassen. In solchen Momenten ist der
Streß der Produktion völlig vergessen z.B. das Delfeayo
Marsalis uns direkt vorm Konzert verlorengegangen war, weil er dem
Taxifahrer die falsche Adresse gegeben hatte. Das Konzert geht los:
kein Marsalis da !!!!!!!!!!!!! Herzattacke. Gottseiesgedankt konnten
wir ihn doch noch auftreiben, sodaß er pünktlich zu seinem
Einsatz auf der Bühne stand.
|
Zweites Set: Ich beginne mit Big Chief Smiley Ricks und unserer Version
von „Please send me someone to love“. Anschließend
verzaubert die junge Tänzerin Coco Williams aus New Orleans mit
ihrem afrikanischen Tanzbeitrag das Publikum. Weiter geht es mit einem
2. Marsalis Arrangement von Duke Ellingtons „Sweet Thunder“
und einer weiteren Nummer für unseren SEEKING SATCH Gewinner Doyle
Red Cooper, Kurt Weills Klassiker „Mackie Messer“. Ich
hatte das Stück als hommage an unser Berliner Publikum gedacht und
es auf Deutsch interpretiert. Dann nochmal Robin Ligon Williams mit
„My funny Valentine“ eine Bearbeitung aus der Feder von Jon
Welch und weiter mit Big Smiley Ricks jetzt im vollem Mardi Gras Indian
Federoufit mit einem eigenem Mardi Gras Indian Stück:
„Nothing but trouble“. Nach und nach sind alle Musiker auf
der Bühne zum Finale furioso mit „Hey Pockey Way“ von
den Neville Brothers. Robin Ligon Williams im original Indian native
Oufit, Big Chief Smiley Ricks mit Featheroutfit, Comlan und seine
Gruppe in afrikanisch/togolesischen Outfit. Afrika und New Orleans in
seiner ganzen Farbenpracht und musikalischen Ausdruckskraft.
|
|
|
Das Publikum rastet völlig aus. Nach minutenlangen stehenden
Ovationen kommen Delfeayo Marsalis und ich nochmal auf die Bühne,
ganz puristisch am Klavier und der Posaune und schließen das
Konzert mit einer bluesig-jazzigen Version von Wonderful World aus
meiner musikalischen Feder ab. Auch nach dem Konzert
überwältigende Reaktionen des Publikums und vor allem auch
der Presse Downloads (zb. Presseartikel)
IN THE SPIRIT OF NEW ORLEANS DAS AFRIKANISCHE ERBE CONGO SQUARE 2011
Freitag 21.Oktober, 2011 10 Jahre JAZZ IN DEN MINISTERGÄRTEN
Samstag 22.Oktober 2011 PHAENO Wolfsburg
WHAT A GREAT EXPERINCE I WILL NEVER FORGET
THANK YOU TO ALL MY PARTNERS AND SUPPORTERS
Thomas Gerdiken
|
|